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Teambuilding – das Phasenmodell nach Tuckman

 

Es ist der erste Tag der neuen Pre-Season.


Neue und alte Spieler treffen sich das erste Mal, ebenso wie neue und alte Staff-Member.

Erste Gespräche mit den Neuen finden statt; Gemeinsamkeiten, Unterschiede und auch Rollen zeigen sich in ersten Zügen.

 

Auf der Arbeit, aber auch im American Football, laufen die einzelnen Phasen der Gruppen- und Rollenbildung gleich ab. Oder besser gesagt: Sollten gleicht ablaufen, damit das Team eine erfolgreiche Saison spielen kann. Dafür hauptverantwortlich ist die Trainer:in, die das Team durch die einzelnen Phasen leiten muss.

 

Bruce Tuckman hat ein Model entwickelt, dass die einzelnen Phasen dieser Gruppenbildung darstellt und genau erklärt, was in welcher Phase abläuft.

Die berechtigte Frage ist an dieser Stelle: Warum ist das (für American Football) relevant?

Auch im Football kommt es in jeder Saison zu einer neuen Gruppenbildung, bedingt durch Umbrüche im Team und im Staff. Dieser Prozess ist normal und findet alljährlich statt.

Für das Trainerteam ist es hilfreich zu wissen, in welcher Phase der Gruppenbildung sich das Team gerade befindet, um eine Einheit zu formen und durch das aktive Gestalten der einzelnen Phasen Höchstleistung auf dem Platz zu fördern.

Setzt man als Trainer:in die falschen Impulse in der falschen Phase, kann dies schnell zu Verunsicherung oder Konflikten führen, die sich negativ auf das Team und damit auch auf das Spiel auswirken.

Im Folgenden werden die Phasen nach Tuckman vorgestellt, mit einem besonderen Fokus auf die notwendigen Handlungen der Führungskraft / Trainer:in.

 



Forming


Das Forming ist eine Orientierungsphase. Das Team ist neu zusammengestellt, die Mitglieder lernen sich das erste Mal kennen. In dieser Phase bringt jede:r seine Ideen und Vorstellungen ein und zeigt sich das erste Mal in der Gruppe.

Diese Phase ist gekennzeichnet durch vorsichtige Zurückhaltung – in den meisten Fällen. Jede:r von uns kennt diese Charaktere, die auch schon im ersten Meeting besonders auffallen; bei ihnen kann von vorsichtiger Zurückhaltung keine Rede sein. Dies sind aber die Ausnahmefälle.

Das liegt auch darin begründet, dass nicht alle Mitglieder wissen, ob die neue Gruppe sie akzeptieren wird. Daher äußern sie ihre Wünsche und Bedürfnisse eher zurückhaltend, um ihre Akzeptanz nicht direkt am Anfang zu gefährden.

 

Dem Trainer:in kommt in dieser Phase eine spezielle Aufgabe zu. Sie sollte eine angenehme Atmosphäre schaffen, in der das Kennenlernen erleichtert wird. Dazu eignen sich Kennenlernrituale und -spiele, auch wenn fast jeder damit zunächst eine negative Assoziation hat. Entgegen der landläufigen Meinung gibt es aber auch sehr angenehme Kennenlernspiele.

Ferne sollte der Meinungsaustausch gefördert und etabliert werden, damit sich die Teammember austauschen und kennenlernen können. Ein erfahrener Coach gestaltet diese Phase so, dass sich schon eine erste Gruppenstruktur bilden kann.

Neben der Förderung des Austausches kommt aber noch eine weitere wichtige Aufgabe auf den Coach zu: klare Ansagen.

Da sich das Team in einem Findungsprozess befindet, muss es mit einer klaren Struktur versehen werden, damit dieser geleitet wird. Dabei helfen klare Ansagen vonseiten des Coaches.

 

 

Storming


„Ein Sturm zieht auf!“

Es wird ungemütlich. Einige Ratgeber nennen diese Phase auch die „Nahkampfphase“.

Der Begriff ist mit Sicherheit übertrieben, aber Tatsache ist, dass die Stormingphase von Konflikten geprägt ist. Dabei sei betont, dass Konflikte nichts per se Schlechtes sind. Es braucht Konflikte, um ein Projekt voranzutreiben und das Beste herauszuholen. Die Erfahrung (und auch Studien) zeigt, dass bei vollkommener Harmonie niemand an seine Grenzen geht und somit auch nicht das Optimum für die Sache herausgeholt wird.

 

In der Stormingphase geht es also um Konflikte, die in zwei Varianten auftreten können.

Es gibt die Aufgabenkonflikte. Diese treten auf, wenn eine Aufgabe komplizierter ist als geplant oder die Ergebnisse nicht so sind, wie es von einzelnen Mitgliedern erwartet wurde. Oft sind diese Konflikte emotional, denn bei schlechten Ergebnissen wird viel zu häufig die Schuldfrage gestellt. Diese Schuldfrage endet in vielen Fällen bei einer Person, die dann schlecht dasteht. Warum diese Herangehensweise schlecht ist, kann in einem einzelnen Artikel behandelt werden. An dieser Stelle aber gilt: Wenn der Ablauf oder das Ergebnis nicht stimmen, kommt es zu einem Konflikt, der sich auf die Aufgabe an sich bezieht.

Die andere Art von Konflikt ist der Rollenkonflikt. Jede:r hat es schon einmal erlebt, dass zwei Alphatiere aufeinander prallen und es infolgedessen zu einem Rollenkonflikt im Team kommt. Beide wollen die Führung übernehmen, keiner weicht zurück. Aber auch auf anderen Positionen kann es zu Konflikten kommen, die dann nur meistens nicht so laut ausgetragen werden.

 

Die Trainer:in hat in dieser Phase die Aufgabe, die Konflikte nicht eskalieren zu lassen. Wie oben benannt, sind Konflikte wichtig für die Entwicklung eines Teams. Die Trainer:in muss aber dafür sorgen, dass diese nicht ausarten oder sich zu lange hinziehen. Dabei hilft ein kühler Kopf, Besonnenheit und ein klares Vorgehen im Konfliktmanagement. Klare Ansagen, Ultimaten und gegebenenfalls auch Konsequenzen, zeigen dem Team, dass die Trainer:in immer noch das Sagen hat und das Team auf Kurs hält. Dabei sollte sich die Trainer:in als Schlichter:in und Vermittler:in verstehen und im Idealfall neutral verhalten.

 

Norming


Zeit für Regeln!

Die größten Konflikte sind ausgetragen, die Teammitglieder haben ihre Rollen gefunden und akzeptiert. In der Normingphase werden nun gemeinsame Regeln festgelegt. Dazu zählt die Kommunikation, der Umgang miteinander, aber auch das Feedback und Arbeitsabläufe.

 

Die Normingphase wird dann erfolgreich, wenn die vorherige Stormingphase erfolgreich durchlaufen und auch durchgekämpft wurde. Wenn aus der vorherigen Phase noch ungelöste Konflikte mitgetragen werden, wird es während des Normings immer wieder zu Streit kommen, der nur oberflächlich auf der Sachebene geführt wird, eigentlich aber viel tiefer auf der persönlichen Ebene stattfindet. Eine gemeinsame Kultur des Streitens kann und sollte daher auch ein Teil des Normings sein.

Wurde das Storming erfolgreich beendet, geht es im Norming mehr um die Sache als um Beziehungen und Positionen. Dabei werden dann Prozesse besprochen und etabliert. Dieser Vorgang erfordert einen offenen Austausch und Dialog, der aber durch die vorher festgesetzten Normen kreativ und produktiv verläuft.

 

Da das Team eine Struktur, Arbeitsweise und Prozess gefunden hat, kann sich die Führungskraft auch in ihrer Rolle anpassen. Sie kann mehr moderieren und coachen, anstatt Rollen und Verhaltensweisen vorzugeben.

 

Performing


Vollgas!

Das Team tritt in die Performing- oder auch Hochleistungs-Phase ein. Die Strukturen und Methoden sind gefestigt, ebenso die Rollen. Da die persönlichen und administrativen Themen geklärt sind, können sich alle Mitglieder auf die Arbeit konzentrieren, was zu guten Ergebnissen führt. Die Effizienz wird gesteigert, das Team agiert leistungsstark und die Produktivität steigt merklich an.

 

In dieser Phase tritt die Führungskraft noch stärker aus ihrer Rolle zurück. Es geht für sie jetzt vornehmlich darum, die Aufgaben und Ergebnisse auf das langfristige Ziel anzupassen und den Kurs im Auge zu behalten.

Die Phase ist für eine Führungskraft angenehm, weil sie sich auf einzelne Teammitglieder konzentrieren und deren persönliche Entwicklung fördern kann.

 

Adjourning


Bye bye!Das ursprüngliche 4-Phasenmodell von Tuckman wurde von ihm 1977 um eine weitere Phase ergänzt: das Adjourning.

Dies ist die Phase des Abschieds. Das Projekt neigt sich dem Ende zu, das Team wird danach auseinandergehen. Das Besondere an dieser Phase ist, dass es die letzte Phase ist, auf die nichts mehr folgt.

Die Mitglieder des Teams gehen langsam aus ihren Rollen raus und beenden ihre Aufgaben. Dabei kann es auch zu einem Absinken der Motivation kommen, da die Aufgabe erledigt wurde und eventuell Unklarheit herrscht, was als nächstes kommen wird.

 

Daher ist es für die Führungskraft umso wichtiger, in dieser Zeit Wertschätzung und Orientierung zu vermitteln.

Wertschätzung für die geleistete Arbeit, den Einsatz, das Engagement und auch die schöne gemeinsame Zeit.

Orientierung für die Zukunft; was kommt jetzt, wo geht es für die einzelnen Leute hin und warum ist es sinnvoll, jetzt noch bis zum Ende dabeizubleiben.

 

Wie schnell die einzelnen Phasen ablaufen, ist von Team zu Team unterschiedlich. Wichtig ist aber, dass jede Phase durchlebt wird, damit die nächste Phase darauf aufbauen kann. Darauf zu achten, liegt am in der Hand der Trainer:in.

 

 Text: Stephan Hütter

Bildquelle; Pixabay

 

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